Storytelling jenseits der Heldenreise
5 alternative Erzählmodelle
Heldenreise nach Campbell
Kurz zur Erinnerung: Die Heldenreise ist leicht verständlich, hat eine klare Struktur und lässt sich auf fast alle Themen anwenden. Doch ist der in sich geschlossene Heldenepos auch das Erzählmodell der Zukunft? Zeit, dieser Frage auf den Grund zu gehen und mit verschiedenen Storytelling-Ansätzen zu experimentieren – um sich besser heute als morgen mit authentischen Geschichten von der Konkurrenz abzuheben.
1. Dialogische „Jointly told Tales“
„Jointly Told Tales“ – also gemeinsam erzählte Geschichten – beleuchten einen bestimmten Sachverhalt in Dialogform und aus unterschiedlichen Perspektiven. Auf eine Erzählhierarchie wird vollkommen verzichtet, jede individuelle Erzählung ist gleichwertig. Viele kleine Stories verschmelzen zu einem großen gemeinsamen Ganzen. Die Geschichte an sich bleibt immer offen und lässt jederzeit Raum für neue Ansichten und weitere Meinungen. Die Idee der „Jointly told Tales“ ist auf den amerikanischen Ethnologen John van Maanen zurückzuführen. Sie fußt auf der Methode der „Learning Histories“.
In der Unternehmenskommunikation können multiperspektivische Erfahrungsgeschichten zum Beispiel bei Produktpräsentationen zum Einsatz kommen. Klassische Beschreibung war gestern! Bestimmt haben auch Entwickler, Mitarbeiter oder zufriedene Kunden Spannendes zu sagen, wodurch nach und nach eine packende Geschichte entsteht – wie es in der Facebook-Gruppe unseres Kunden Simplon der Fall ist.
2. Resonanznarrative
Auch bei Resonanznarrativen handelt es sich um Geschichten über individuelle Erfahrungen und Momente, die uns fesseln und ergreifen. Im Vordergrund steht die Reaktion auf einen konkreten „point of view“. Jeder wird von etwas berührt und kann wiederum selbst andere berühren – und genau diese Tatsache entscheidet über gelungene Wechselbeziehungen zwischen deinem Unternehmen und seiner Umwelt. Grundlage dieser Erzählform ist die vom deutschen Soziologen und Politikwissenschaftler Hartmut Rosa entwickelte Resonanzthese.
Beispiele im Unternehmenskontext sind Kunden- oder Mitarbeiterstimmen. Lass deine Stakeholder zu Wort kommen und ihre persönlichen Erlebnisse mit deiner Marke, deinen Produkten oder Dienstleistungen erzählen. Wichtig ist, dass ihre Geschichten wirklich authentisch sind und auch dementsprechend präsentiert werden. Die Kundenstimmen auf der Startseite von The Female Company zeigen, wie das aussehen kann.
3. Mikrogeschichten
Mikrogeschichten sind extrakurze Geschichten. Während selbst kurze Erzählungen normalerweise aus drei Teilen bestehen, kommt die Mikrovariante mit zwei Teilen aus: einer Ausgangs- und einer Endsituation. Es braucht weder einen Gegner noch einen langen Spannungsbogen. Die gesamte Story wird auf die Kernbotschaft heruntergebrochen. Wichtig ist ein starker, überzeugender Einstieg, um den Leser am „narrativen Haken“ zu haben. Plus ein überraschendes Ende, das für einen Aha-Effekt sorgt.
Das wohl bekannteste Beispiel ist Julius Caesars „Veni, vidi, vici“. „Ich kam, ich sah, ich siegte“: Natürlich hatte er sehr wohl einen Gegner. Wer dieser war, bleibt allerdings unklar, da es für die Botschaft irrelevant ist. Caesar zog in die Schlacht und gewann diese – das ist alles, was zählt.