4 Mythen bei der Webtext-Übersetzung

… und woran man einen guten Übersetzer erkennt

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Portrait von Gabriela Freund | © punkt & komma
Gabriela Freund
Content-Redakteurin EN

Wer sich noch nie mit dem Thema Übersetzen befasst hat, könnte denken: „So schwer kann das ja nicht sein“. Jeder, der sich aber schon einmal an einer eigenen Übersetzung versucht hat, weiß: „So einfach ist das gar nicht!“ Rund ums Übersetzen ranken sich zahlreiche Mythen. Welche davon stimmen, warum es sich auch für dich lohnt, in eine professionelle Webtext-Übersetzung zu investieren und woran du einen guten Übersetzer erkennst – das alles verraten wir dir heute!

punkt & komma-Mitarbeiterin schreibt auf PC-Tastatur. | © punkt & komma
Übersetzungs-Mythos Nr. 1

Google Translate macht das schon

Realität:

Google Translate für die Übersetzung zu nützen ist DER Irrtum schlechthin. Eine Maschine kann (noch) keinen Menschen ersetzen – zumindest nicht bei Übersetzungen. Wörter haben in unterschiedlichen Sprachen oft keine 1:1-Entsprechung. Das heißt, es kommt auf die Fähigkeiten des Übersetzers an – der muss sich nämlich in diesem Fall eine alternative Formulierung überlegen.

Oder aber: Es gibt unzählige Möglichkeiten ein bestimmtes Wort zu übersetzen. Nun muss man wissen, welche Option im jeweiligen Kontext passend – und schön – ist. Was eine Maschine nämlich nicht hat, ist Sprachgefühl und soziokulturelles Hintergrundwissen.

Ein kleines Beispiel aus der Praxis: Was macht Google Translate mit dem Satzbaustein „sage und schreibe 1.000 Möglichkeiten“. Na? Will jemand raten? Genau: Es übersetzt „sage und schreibe“ mit „say and write“. Lustiger – und falscher – geht’s kaum! Oder vielleicht doch? Nicht umsonst gibt es zahlreiche Blogbeiträge und YouTube-Videos, die sich ausschließlich dem Thema „Google Translate Fails“ widmen …

Übersetzungs-Mythos Nr. 2

Mein Schulenglisch wird schon reichen

Realität:

Leider nein. Schulenglisch reicht vielleicht, um sich im Urlaub durchzuschlagen und ein paar nette Gespräche mit Einheimischen zu führen, aber nicht für eine qualitativ hochwertige Übersetzung.

Übersetzen ist die Königsdisziplin der Sprachbeherrschung! Selbst Menschen, die eine Sprache viel und gut sprechen, vielleicht sogar schon einige Zeit im Ausland gelebt oder die Sprache studiert haben, tun sich schwer, wenn es darum geht, einen Text zu übersetzen.

Übersetzungen erfordern Denkabläufe, die nicht alltäglich sind und viel Übung benötigen. Man stelle sich folgende Situation vor:

Situation Nr. 1: Jemand beherrscht die Zielsprache eher mittelmäßig. In diesem Stadium denkt jemand aus Deutschland oder Österreich noch auf Deutsch – auch wenn er zum Beispiel Englisch redet. Das bedeutet, er formuliert seine Sätze gedanklich auf Deutsch, um sie schlussendlich auf Englisch zu übersetzen, bevor er sie sagt.

Was dann herauskommt, ist meistens ein „deutsch gefärbtes Englisch“ – nahezu eine 1:1-Übersetzung des Deutschen. Das klingt für einen muttersprachlichen Leser oft seltsam oder ist schlichtweg falsch. Wir erinnern uns an „say and write“!

Freund oder Feind? Hier heißt es aufpassen!

Auch die sogenannten „falschen Freunde“ führen bei Nicht-Muttersprachlern gerne zu Fehlern. Falsche Freunde sind Wörter, die in beiden Sprachen gleich klingen (vielleicht auch den gleichen Wortursprung haben), aber etwas völlig anderes bedeuten. Ein Beispiel hierfür wäre das deutsche Wort „Gift“, das mit „poison“ oder „venom“ zu übersetzen ist – nicht zu verwechseln mit dem englischen Wort „gift“, das „Geschenk“ bedeutet! Auch das englische Wort „sensible“ bedeutet nicht – wie man vielleicht erwarten würde – „sensibel“, sondern „vernünftig“ oder „sinnvoll“.

Dass es in solchen Fällen leicht zu Missverständnissen kommen kann, ist offensichtlich. Und diese gilt es natürlich zu vermeiden! Besonders im geschäftlichen Bereich kann so etwas sonst schnell peinlich enden – oder gar recht kostspielig werden.

Für richtiges und natürlich klingendes Englisch muss die Sprache also bereits in Fleisch und Blut übergegangen sein, aber …

Situation Nr. 2: Jemand beherrscht die Sprache so gut, dass er seine Sätze schon gedanklich auf Englisch formuliert, bevor er sie sagt. Das ist zwar bewundernswert, aber damit „trainiert“ er seine Übersetzungsmuskeln auch kein bisschen. So jemand wird dann immer noch Probleme haben, die englischen Übersetzungen für deutsche Begriffe oder Satzstrukturen zu finden.

Übersetzen ist deshalb die Königsdisziplin der Sprachbeherrschung, weil der Übersetzer dabei ständig zwischen den Sprachen, Satzstrukturen, aber auch Denkweisen und soziokulturellen Gegebenheiten beider Kulturkreise hin- und herswitchen muss. Die Kunst liegt darin, immer alles im Blick zu behalten!

Das punkt & komma-Büro mit Mitarbeiterin im Hintergrund.  | © punkt & komma
Übersetzungs-Mythos Nr. 3

Native Speaker sind die besseren Übersetzer

Realität:

Nicht unbedingt. Ein Native Speaker beherrscht zwar seine Muttersprache hervorragend, aber nicht immer auch die Zweitsprache. Damit steht ein englischsprachiger Muttersprachler im Endeffekt vor genau dem gleichen Problem wie ein deutschsprachiger. Er weiß zwar, was auf Englisch gut klingt – aber das ist keine Garantie, dass der deutsche Ausgangstext auch in allen Bedeutungsnuancen richtig verstanden wurde!

Hierzu wieder ein kleines Beispiel aus der Praxis: Wie glaubst du, könnte ein Muttersprachler „Wir sind schließlich die Besten auf diesem Gebiet“ übersetzen? Vielleicht hast du’s erraten: „Last but not least, we’re the best …“ also „Zu guter Letzt sind wir die Besten …“. Das ist zwar auf Englisch nicht falsch, aber die Bedeutung von „schließlich“ wurde in diesem Kontext einfach nicht getroffen.

Übersetzungs-Mythos Nr. 4

Eine Übersetzung muss kein literarisches Meisterwerk sein

Realität:

Das stimmt vielleicht, aber eine Übersetzung – gerade im Webtext-Bereich – muss trotzdem einiges draufhaben. Wie bei anderen Webtexten gilt auch bei der übersetzten Version: Auf die Qualität kommt es an! Im Idealfall soll der Leser ja nicht merken, dass er gerade eine Übersetzung vor sich hat, sondern einen genauso schönen Text genießen, wie ihn auch die Leser der Ausgangsversion bekommen haben.

Eine Übersetzung muss mindestens genauso begeistern wie ihre ursprüngliche Version! Und eine richtige Übersetzung ist leider noch lange keine „schöne“ Übersetzung. Ein Text muss fesseln und zum weiterlesen animieren – deshalb sollte man auch genauso auf Lesbarkeit, gut recherchierte Inhalte und (wenn angebracht) eine Prise Humor nicht verzichten!

Tipp: Für eine Webtext-Übersetzung gelten die gleichen Kriterien wie für einen „normalen“ Webtext: Wer sind die Personas? Wie sieht’s mit der Textlänge aus? Wie lange sind die Sätze, Überschriften und Meta-Tags? Wo kommen die Keywords vor? Ist der Text fürs Web optimiert? Am besten du stöberst noch weiter im Online-Magazin!

Was braucht es nun für eine gute Webtext-Übersetzung?

First things first: Ein toller Übersetzer übersetzt nicht die einzelnen Worte eines Textes – er übersetzt den Inhalt, den Klang und das Gefühl, das dem Leser vermittelt werden soll!

Und was genau muss man dafür jetzt können? Also: Ein richtig guter Übersetzer …

  • … beherrscht die Ausgangssprache in all ihren Nuancen und kennt auch den soziokulturellen Kontext, in dem sie eingebettet ist.
  • … beherrscht die Zielsprache – you guessed it – in all ihren Nuancen und kennt auch den soziokulturellen Kontext (Achtung: Ansonsten herrscht hochgradige Fettnäpfchen-Gefahr!).
  • … kennt den Inhalt. Klar kann nicht jeder genauestens über jedes Thema Bescheid wissen – aber was man nicht weiß, kann man nachschauen! Recherchearbeit ist oftmals mühsam, aber sie lohnt sich!
  • … kennt die unterschiedlichen Textformen und Textsorten und verfasst seine Übersetzungen basierend auf diesem Wissen.
  • … hat Spaß am Texten und eine Leidenschaft für Sprache. Auch ein Übersetzer muss Freude daran haben, sich zu überlegen, wie man etwas am besten formulieren kann. Redewendungen, idiomatische Ausdrücke, Humor, Wortspiele und ein gewisses Fingerspitzengefühl im Umgang mit Worten gehören dabei genauso zum „daily business“ wie das auch beim normalen Texten der Fall ist.
Bücherregal mit zahlreichen bunten Büchern.

Das beherrscht du alles aus dem Effeff? Oder kennst jemanden, der all diese Kriterien erfüllt? Wenn ja: Super, dann kann ja nicht mehr viel schiefgehen! Ansonsten solltest du dir gut überlegen, ob du nicht doch in eine professionelle Übersetzung investieren möchtest. Schlechte Übersetzungen wirken nämlich nicht nur stümperhaft, sondern führen auch dazu, dass potentielle Kunden deine Seite ganz schnell wieder verlassen. Und das will schließlich niemand – am wenigsten Google!

Fazit: Eine gute Webtext-Übersetzung muss Spaß machen – beim Textieren UND beim Lesen!

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